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Teil 9

Bedeutung des Verbots der révision au fond

Anerkennungshindernisse als Ausnahme vom Verbot der révision au fond

Als wir eingangs das systematische Umfeld des anerkennungsrechtlichen ordre public-Vorbehalts betrachtet haben, hat sich gezeigt, daß im Anerkennungsrecht grundsätzlich die Nachprüfung des ausländischen Urteils in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht verboten ist (sog. »Verbot der révision au fond«), daß die Anerkennungshindernisse jedoch ausnahmsweise eine beschränkte Nachprüfung erlauben.

Anerkennungshindernisse als Voraussetzung des Verbots der révision au fond

Zudem können die Anerkennungshindernisse auch als Voraussetzung dafür verstanden werden, daß im übrigen auf eine Überprüfung des ausländischen Urteils verzichtet wird. In diesem Sinn schreibt Rolf Schütze:

»[N]ur das Filter der Anerkennungserfordernisse ermöglicht es letztlich, dass auf eine weitere Nachprüfung verzichtet wird.«

Mögliche Wertungswidersprüche

In der Literatur ist schon des öfteren angedeutet worden, daß es noch weitere Zusammenhänge zwischen dem Verbot der révision au fond und der Prüfung von Anerkennungshindernissen geben muß.

Würde man nämlich insbesondere im Rahmen des ordre public-Vorbehaltes zu weitgehend berücksichtigen, ob die ausländische Entscheidung inhaltlich »richtig« war, so paßte das mit dem allgemeinen Verbot der révision au fond schlecht zusammen. In diesem Sinn heißt es etwa bei Christian Völker:

»[Der] Übergang von einer verbotenen zu einer unter dem Etikett ›ordre public‹ zulässigen révision au fond ist sicher ein fließender.«

In ähnlicher Weise ist bisweilen von einer »Gratwanderung« die Rede (Christine Eckstein-Puhl) oder gar von einer »Quadratur des Kreises« (Reinhold Geimer). Bereits Walter Jellinek hatte festgestellt:

»Über den ordre public als allgemeines Problem des internationalen Privatrechts ist viel geschrieben worden, von anerkannten Meistern des Faches wie von jüngeren Bearbeitern. Die besondere Schwierigkeit im Bereiche der internationalen Urteilsanerkennung liegt in dem hier unvermeidlichen Zusammenstoß zweier Grundsätze: des Verbotes der révision du fond und der Notwendigkeit einer solchen bei Überprüfung des Urteils auf Einklang mit dem ordre public.«

Wie man die Grenze zwischen zulässiger ordre public-Kontrolle und unzulässiger révision au fond richtigerweise ziehen muß, ist bis heute ungeklärt.

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© 2008–2011 • Ekkehard Regen