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Teil 8

Weitere Anerkennungsinteressen

Einleitung

Wird eine ausländische Entscheidung in Deutschland anerkannt bzw. für vollstreckbar erklärt, so freut das zum einen den Titelinhaber, der bereits im Erststaat prozessiert hat und im Fall der Nichtanerkennung bzw. Nicht-Vollstreckbarerklärung gezwungen wäre, einen zusätzlichen Prozeß in Deutschland zu führen (die Perspektive des Titelinhabers wurde bereits eben angesprochen).

Darüber hinaus hat die Anerkennung bzw. Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen weitere Vorteile.

Prozeßökonomie

So wird nicht nur der Titelinhaber von weiterer Prozeßführung entlastet, sondern auch deutschen Gerichten wird erspart, über ein Verfahren zu verhandeln, das bereits vor den Gerichten des Erststaates ausgetragen worden ist.

Entscheidungseinklang

Außerdem verhindert die Anerkennung ausländischer Entscheidungen internationalen »Entscheidungsvielklang«: Würden ausländische Entscheidungen nicht anerkannt und fände in derselben Sache ein neues Verfahren statt, so wäre nicht auszuschließen, daß die deutschen Gerichte möglicherweise zu einem anderen Ergebnis kämen als die Gerichte im Erststaat.

Derartiger »Entscheidungsvielklang« würde das Ansehen der Rechtsprechung untergraben.

Zudem könnte es im Extremfall sogar zu einem sogenannten »Vollstreckungskarussell« (Haimo Schack) kommen:

  • Im Staat X wird einer Leistungsklage stattgegeben, und aus dem Titel wird vollstreckt.

  • In Deutschland wird die Entscheidung des Staates X nicht anerkannt; vielmehr wird festgestellt, daß in Wahrheit kein Anspruch bestanden habe, und deshalb wird einer Rückforderungsklage stattgegeben; aus dem Urteil wird in Deutschland vollstreckt.

  • Das deutsche Rückforderungsurteil wird im Staat X nicht anerkannt, so daß dort wiederum einer Rückforderungsklage stattgegeben wird...

Ein derartiges – theoretisch endloses – »Hin und Her« bedeutete nicht nur eine gewaltige Belastung für Parteien und Gerichte, sondern könnte möglicherweise sogar das politische Klima zwischen den beteiligten Staaten verschlechtern.

Zwischenergebnis

Die hiesige Aufzählung von Anerkennungsinteressen ist nicht vollständig.

Die genannten Beispiele zeigen jedoch, daß eine Vielzahl von Interessen für die Anerkennung bzw. Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen spricht. All diesen Interessen dient das grundsätzliche Verbot der révision au fond.

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© 2008–2011 • Ekkehard Regen