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Teil 7

Interessen des Titelinhabers

Eine einfache Erkenntnis

Wer über die Frage nachdenkt, ob und inwieweit die Anerkennung bzw. Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen von einer Prozeßbetrugskontrolle im Zweitstaat abhängig gemacht werden soll, hat zunächst vor allem die Konstellation vor Augen, daß sich im Erststaat tatsächlich ein Prozeßbetrug ereignet hat. Folglich betrachtet er die Interessenlage zunächst aus der Perspektive des Opfers eines Prozeßbetrugs im Erststaat.

So ging es auch uns, als wir hier über das Beispiel mit Herrn Schulze nachdachten: Wir haben uns über Herrn Schulzes Rechtsschutzinteresse Gedanken gemacht und über die Frage, ob Herrn Schulze eine Einlassung im Erststaat Frankreich zugemutet werden darf.

Diese Überlegungen sind wichtig. Aber es darf nicht Vergessenheit geraten:

Solange keine Prozeßbetrugskontrolle stattgefunden hat, wäre es falsch, von vornherein anzunehmen, daß der Vorwurf des Prozeßbetrugs zutrifft.

Der Vorwurf des Prozeßbetrugs kann stimmen, muß aber nicht stimmen.

Im Beispiel mit Herrn Schulze bedeutet das: Möglicherweise behauptet Herr Schulze zu Unrecht, Opfer eines Prozeßbetrugs geworden zu sein. Möglicherweise hat Herrn Schulzes Prozeßgegner im französischen Erstprozeß alles korrekt vorgetragen, möglicherweise ist das Urteil korrekt – und möglicherweise ist Herr Schulze nur ein »schlechter Verlierer«.

Was läßt sich nun aus dieser einfachen Erkenntnis ableiten?

Folgerungen

Es ist wichtig festzuhalten, daß nicht nur die angeblich betrogene Partei, sondern auch der Titelinhaber schutzwürdige Interessen hat.

Je mehr man die Interessen der angeblich betrogenen Partei schützt, desto mehr beeinträchtigt man gleichzeitig die Interessen des Titelinhabers.

Im Beispiel mit Herrn Schulze heißt das: Zwar ist es für Herrn Schulze sehr angenehm, in Deutschland eine weitere Möglichkeit zu haben, den Prozeßbetrugseinwand geltend zu machen – gleichzeitig wird dadurch aber das Interesse seines französischen Unfallgegners beeinträchtigt, der bereits in Frankreich einen Prozeß geführt und gewonnen hat und nun möglichst schnell die ihm zugesprochenen 8.000 Euro Schadensersatz in Händen halten möchte. Eine Prozeßbetrugskontrolle in Deutschland bedeutet für den Franzosen eine zusätzliche Belastung und kostet Zeit. Und: Eine Prozeßbetrugskontrolle in Deutschland erspart zwar ggf. Herrn Schulze eine Einlassung in Frankreich – sie führt aber gleichzeitig auch zu einem höheren Einlassungszwang der französischen Partei in Deutschland.

Es wäre also kurzsichtig, um jeden Preis »maximalen Rechtsschutz« oder »minimale Einlassungslast« für eine angeblich betrogene Partei zu fordern.

Erstaunlicherweise liegt jedoch bis heute zahlreichen Stellungnahmen in Literatur und Rechtsprechung die Fehlvorstellung zugrunde, eine angeblich betrogene Partei müsse um jeden Preis geschützt werden.

Vielmehr wird es darauf ankommen, eine Lösung zu finden, die sowohl die Interessen der angeblich betrogenen Partei als auch die Interessen der angeblichen Betrügerpartei berücksichtigt.

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© 2008–2011 • Ekkehard Regen